18.45 Uhr Konzerteinführung im Saal Bodensee
19.30 Uhr Großer Saal
Das gesamte Jahresprogramm 2024/2025 können Sie hier digital ansehen.
Hector Berlioz (1803 – 1869)
Le carnaval romain (Römischer Karneval),
Charakteristische Ouvertüre, op. 9 H 95
Allegro assai con fuoco
Andante sostenuto
Allegro vivace
Maurice Ravel (1875 – 1937)
Konzert für Klavier und Orchester G-Dur
Allegramente
Adagio assai
Presto
Leonard Bernstein (1918 – 1990)
Sinfonische Tänze aus „West Side Story“, 1960
1 Prologue. Allegro moderato
2 Somewhere. Adagio
3 Scherzo. Vivace e leggiero
4 Mambo. Meno presto
5 Cha-cha. Andante con grazia
6 Meeting Scene. Meno mosso
7 Cool – Fuge. Allegretto
8 Rumble. Molto allegro
9 Finale. Adagio
Maurice Ravel (1875 – 1937)
La Valse. Poème chorégraphique
Dieses Meisterkonzert führt mit Kompositionen, die die Musikgeschichte geprägt haben, in fantasiereiche musikalische Welten. Leonard Bernstein, Hector Berlioz und Maurice Ravel waren alle auf ihre Weise herausragende Meister der Instrumentationskunst. So eröffnen alle Kompositionen plastisch vertonte Szenerien und führen musikalisch bildhaft in dramatisch erfüllte Städte und Räume: zuerst auf ein turbulentes Straßenfest in Rom, dann in ein musikalisch funkelndes Spiel mit Masken aus Volksmusik und Jazz, später zu Bandenkriegen und einem Liebespaar nach New York und schließlich in einen fantastisch glänzenden Tanzsaal.
Hector Berlioz
Le carnaval romain
Hector Berlioz (1803–1869) war sechsundzwanzig Jahre alt, hatte eine schwierige Kindheit hinter sich und wusste genau, was er wollte. Gegen seinen Willen musste er Medizin studieren. Nur kurze Zeit hatte er eine öffentliche Schule besucht, weil sein Vater es vorgezogen hatte, ihn selbst zu unterrichten. Gelegentlich kam ein Privatlehrer ins Haus. Diese Art der Sozialisation empfand Hector Berlioz selbst als Nachteil, weil sie ihn „von den Realitäten des Lebens“ abgeschirmt habe. Nach dramatischen Auseinandersetzungen mit den Eltern wurde dem jungen Künstler die Unterstützung entzogen. Umso mehr wusste Hector Berlioz, wo seine Prioritäten lagen und er agierte willensstark und selbstbewusst. Erst nach vielen Jahren kam es zu einer Aussöhnung mit den Eltern.
Nach dem Abbruch des Medizinstudiums studierte Hector Berlioz am Pariser Konservatorium Komposition bei Jean François Le Sueur und Anton Reicha. Einige Male bemühte er sich um den renommierten Großen Rompreis, der ihm schließlich im Jahr 1830 für seine Kantate „La dernière nuit de Sardanapale“ zuerkannt wurde. Damit verbunden war ein Studienaufenthalt in Italien.
Lange Zeit fand Berlioz in Frankreich keine Anerkennung. Doch bei Konzertreisen durch Europa wurden seine Qualitäten erkannt. Besonders Franz Liszt, Richard Strauss und Richard Wagner setzten ihre kompositorischen Arbeiten bei Hector Berlioz an und führten die von ihm in den 1820-er Jahren eingeführten Neuerungen und die Programmmusik weiter. Schließlich reiften die kompositorischen Ideen zu Tondichtungen und Opern aus. Als Hector Berlioz im Jahr 1869 in Paris starb, hinterließ er neben seinen Kompositionen auch das Buch zur Instrumentationslehre „Traité d’instrumentation et d’orchestration modernes“ (1844), eines der wichtigsten theoretischen Musikwerke überhaupt.
Zum Werk
Der Romaufenthalt Anfang der 1830-er Jahr war für Hector Berlioz eine sehr prägende Zeit. Ausflüge in die italienische Landschaft beflügelten seine Fantasie. Auf Erlebnisse in der Stadt und Einblicke in die italienische Kultur geht die Ouvertüre „Le carnaval romain“ (Der römische Karneval) zurück. Die Komposition trägt den Untertitel „Ouverture caractéristique“ (Charakteristische Ouvertüre).
Wie zahlreiche seiner Komponistenkollegen „verwertete“ auch Hector Berlioz einige seiner Werke öfter. So bezog er das musikalische Material für die Ouvertüre aus seiner 1838 entstandenen, jedoch wenig erfolgreichen, Oper „Benvenuto Cellini“.
Der „Römische Karneval“ ist eine sinfonische Dichtung und beruht auf zwei Szenen aus der Oper. Schon bei der Uraufführung unter der Leitung des Komponisten fand das Werk begeisterten Anklang.
Mit seiner einzigartigen Instrumentationskunst setzte Berlioz musikalisch einen Karnevalszug in Rom in Szene. Die stürmische Einleitung wirkt, als würde ein Vorhang gehoben. Danach erklingt im Englischhorn eine lyrische Melodie, die das Liebespaar Teresa und Cellini aus der Oper versinnbildlicht. Das Finale illustriert die ausgelassene Stimmung der tanzenden Menschen beim Karnevalszug in Rom. Berlioz vertonte darin den aus dem 14. Jahrhundert stammenden Springtanz Saltarello. Der Tanz ist im Dreiertakt notiert, ständig wird das Tempo gesteigert und mit einem Tamburin die leidenschaftliche Stimmung angeheizt. Der Saltarello galt als „römischer Nationaltanz“ und wurde von vielen Komponisten sowie bildenden Künstlern als Sujet aufgegriffen. Die Instrumentationskunst von Hector Berlioz kommt auch in dieser Ouvertüre zur Geltung, denn mit der spezifischen Klangfarbgebung erzeugt der Komponist eine mitreißend lebendige Szenerie, so als zöge der Karnevalszug von der Ferne an der Betrachterin und dem Betrachter vorbei.
Maurice Ravel
Konzert für Klavier und Orchester, G-Dur, M 83
Maurice Ravel (1875–1937) wuchs in der südfranzösisch-baskischen Kleinstadt Ciboure auf. Mit vierzehn Jahren trat er ins Conservatoire in Paris ein, wo er in der Kompositionsklasse von Gabriel Fauré unterrichtet wurde. Großen Einfluss übten die Komponisten Emmanuel Chabrier und Eric Satie auf den jungen Studenten aus.
Aus Ravels Werken spricht ein tiefes Unbehagen gegenüber der Kultur, in die er hineingeboren wurde. Deshalb führte ihn seine kompositorische Emigration weg von allem, was ihm nahestand. Wohl fühlte er sich in den Volksmusikklängen ländlicher Regionen, in der Fantasiewelt von Blumen und Vögeln, in den Sujets aus China, Madagaskar, Spanien und Griechenland und in der Welt der Märchen. Ravel liebte auch das Spiel mit Masken, die fast ausschließlich aus vorromantischen Epochen und fremden Kulturen stammten. Auch Phrasen aus der Jazz-/Unterhaltungsmusik bezog er in seine Kompositionen mit ein.
Ravel war ein Meister der Verwandlung und der Orchestrierung. Auf der Suche nach neuen musikalischen Wegen entwickelte er seine farbenreichen Klangmalereien, seine entfesselte Rhythmik und seine glitzernden Instrumentationstechniken.
Bereits 1910 hatte sich Ravel vorgenommen, ein Klavierkonzert zu schreiben, doch es dauerte zweiundzwanzig Jahre, bis er sich tatsächlich an die Arbeit machte. Musikalisch war es als Referenz an Mozart gedacht. „Aufgelockert und brillant“ sollte es laut eigener Aussage sein und „nicht auf Tiefe und dramatische Effekte“ abzielen. Und weiter: „Ich hatte eigentlich die Absicht, dieses Konzert mit ‚Divertissement‘ zu betiteln. Dann aber meinte ich, dafür liege keine Notwendigkeit vor, weil eben der Titel ‚Concerto‘ hinreichend deutlich sein dürfte. Es enthält einige Anspielungen auf den Jazz, aber nicht viele.“
Ravel hatte das Konzert für eigene Auftritte geschrieben, doch sein Gesundheitszustand erlaubte es ihm nicht mehr, es selbst uraufzuführen. Die befreundete Pianistin Marguerite Long präsentierte das Werk schließlich 1932. In seiner originellen Gestalt stellt das Klavierkonzert in G-Dur einen der Höhepunkte und zugleich einen Schlusspunkt im Schaffensprozess von Maurice Ravel dar. „Ich habe noch so viel Musik im Kopf, ich habe noch nichts gesagt, ich habe noch alles zu sagen“, klagte er, doch an weitere Arbeiten war nach 1932 nicht mehr zu denken.
Ravels Vorliebe für Masken und das hintergründige Spiel mit „Verkleidungen“ zeichnen auch dieses Werk aus. In den Ecksätzen verbindet er Jazz und Zirkusmusik, archaisch wirkende Tonfloskeln und mitreißende perkussive und klangschwelgerische Passagen miteinander. Mit einem Peitschenschlag wird das Werk eröffnet, sogleich stellen Klavier und Piccolo ein baskisches Volkslied als Haupt-thema vor. Weitere Themen führen den musikalischen Charakter immer mehr in die Sphäre des Jazz. Elegisch, in einer entrückten Zeitlosigkeit, erklingt eine melodische Linie, „die an Mozart erinnert, den Mozart des Klarinettenquintetts …, das schönste Stück, das er geschrieben hat“, erklärt Ravel, und fügt noch hinzu: „Diese fließende Melodie! Wie habe ich um sie Takt für Takt gerungen! Fast hätte es mich umgebracht.“ Das Finale nimmt das Temperament des Eröffnungssatzes wieder auf. Bemerkenswert ist, dass Ravel die klassische Rondoform nicht verlässt. Die Zuhörenden werden klangfarbenreich und effektvoll in eine turbulente Zirkus- oder Jahrmarktstimmung versetzt, und so schließt sich der Kreis hin zum Peitschenknall, mit dem das Klavierkonzert eröffnet wurde.
Leonard Bernstein
Sinfonische Tänze aus „West Side Story“, 1960
Leonard Bernstein (1918–1990) war eine der prägenden Persönlichkeiten der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts und ein Mittler zwischen Welten. In einem seiner Fernsehkonzerte „für junge Hörer“, formulierte er Leitgedanken, die sein künstlerisches Schaffen maßgeblich mitbestimmten. Die amerikanischen Komponisten seien von der reichsten, der vielfältigsten Volksmusik der Welt genährt
worden, erklärte er. In ihrer Musik seien die Akzente aller Sprachen vorhanden, Mexikanisch, Schwedisch, Slawisch, Irisch. „Und wenn ihr alle diese ‚Akzente‘ (in der Musik) hört, dann fühlt ihr deutlich, was es heißt, Amerikaner zu sein – ein Abkömmling aller Völker der Welt.“
Leonard Bernstein studierte an der New Yorker Harvard Universität Klavier und Kompositionen. 1943 wurde er Assistenzdirigent. Nachdem er kurzfristig für den erkrankten Bruno Walter eingesprungen war, wurde er landesweit bekannt. Danach stand er mehr als zehn Jahre lang als Chefdirigent am Pult des New York Philharmonic Orchestra.
Wie kein zweiter prägte Leonard Bernstein den Stil der Musikvermittlung, denn er war nicht nur ein herausragender Musiker und Dirigent, sondern auch ein überragender Kommunikator. Geschickt nutzte er in den 1960-er Jahren das neue Medium Fernsehen, um mit seinem Humor und seiner Eloquenz die TV-Zuschauer:innen zu begeistern.
Als Komponist verband Leonard Bernstein die klassische Musik aus Europa mit Jazz, Pop und lateinamerikanischer Musik. Er entwickelte so das Musical weiter und schuf das neue Genre des amerikanischen Musiktheaters. Das berühmteste Beispiel dafür ist die 1957 entstandene „West Side Story“. Die Geschichte beruht auf Shakespeares Schauspiel „Romeo und Julia“. Bernstein transferierte den Ort der Handlung in die New Yorker Slums, wobei die verfeindeten Familien der Capulets und Montagues von rivalisierenden Jugendbanden verkörpert werden. Seine Intention brachte der Komponist mit den Worten zum Ausdruck: „An out and out plea for racial tolerance.“ (Ein klares Plädoyer für rassische Toleranz)
Die „West Side Story“ veränderte die amerikanische Theaterlandschaft. Eine Show, die Gewalt, Jugendgangs und Rassenvorurteile thematisierte und nicht mit einem Happy End, sondern mit dem Tod der Hauptdarsteller endete, hatte es bis dahin nicht gegeben. Außerdem war „ein Musical, das Musik, Tanz und Text zu einem Ganzen verwob, eine Offenbarung für das Publikum“, wie Ele Martens 2022 in der Sendung „klassik-entdecken“ sagte.
In den ersten zwei Jahren nach der Uraufführung in New York wurde die „West Side Story“ 772-mal in ununterbrochener Folge aufgeführt. Als deutschsprachige Erstaufführung brachte Marcel Prawy das Musical 1968 nach Wien.
Zum Werk
Mit großer Wirkmacht kombinierte Bernstein musikalische Stilmerkmale aus Vergangenheit und Gegenwart. Aus der westlichen Tradition bezog er die differenzierten Stimmführungen von Vokalensembles und kreierte musikalische Übergänge, um den Handlungsverlauf voranzutreiben. Leitmotive verstärken die Dramatik, und ein Großteil der Harmonik ist auf unterschiedliche Kombinationen des Tritonus-Intervalls zurückzuführen. Dazu verwendete er Klangfarben, Wendungen und Figurationen aus der modernen Jazz- und Tanzmusik Amerikas. Der ständige Wechsel von Wort- und Musikanteilen, sowie die Kommunikation durch choreografisch geführte Tänze ergänzten die vielgestaltige Formensprache.
1960 arrangierte Bernstein einige Teile der „West Side Story“ unter dem Titel „Symphonic Dances from West Side Story“ als Orchestersuite. Sie beinhaltet das populäre Liebesduett „Somewhere“ sowie „Mambo“ und „Rumble.“ Im Vordergrund des Werkes steht allerdings nicht die Liebesgeschichte von Maria und Tony, sondern der Konflikt zwischen den Gangs der Jets und der Sharks. Bernstein stellte die „Sinfonischen Tänze“ in Analogie zur Handlung zusammen, wobei die Komposition weit mehr ist als eine Aneinanderreihung von bekannten Songs aus dem Musical. Alle neun Teile haben tänzerischen Charakter und sind farbenreich und perkussiv instrumentiert.
Die Handlung wird in den einzelnen Tanzsätzen musikalisch erzählt. Schon im Prologue kommt die wachsende Rivalität zwischen den beiden Teenager-Gangs zum Ausdruck. Wie in einem Traum sind in Somewhere die beiden Banden in Freundschaft vereint. Im Scherzo brechen die Jugendlichen aus und finden sich plötzlich in einer Welt aus Leichtigkeit und Licht wieder. In Mambo wird ein Tanzwettbewerb geschildert. Die unglücklich Verliebten Tony und Maria sehen einander zum ersten Mal und tanzen den Cha-Cha-Cha. Musik begleitet die Meeting Scene und die ersten Worte, die Tony und Maria aneinander richten. Die Cool Fuge ist eine Tanzsequenz, in der Riff die Mitglieder der Jugendbande anweist, ihre Feindseligkeiten zu zügeln. Rumble schildert den Kampf der beiden Gangs, bei dem die Anführer Riff und Bernardo getötet werden. Betroffen bilden am Ende die Gangmitglieder eine gemeinsame Prozession, in der musikalisch an die Vision aus Somewhere erinnert wird.
Maurice Ravel
La Valse (Choreographische Dichtung für Orchester)
Sein berühmtes Werk „La Valse“ beschäftigte den Komponisten über vierzehn Jahre lang. Bereits in einem Brief aus dem Jahr 1906 schreibt Ravel, dass er einen Walzer plane, der eine Art Hommage an Johann Strauß sein solle.
Bis 1914 sollte der Titel „Wien“ lauten, doch im Laufe der Zeit änderte sich nicht nur der Titel, sondern auch die kompositorische Idee entwickelte sich in Richtung einer „choreografischen Dichtung“. Ravel sprach von einer „Apotheose des Wiener Walzers“, die „mit dem Eindruck eines phantastischen, fatalen Wirbels“ verknüpft sei.
Der berühmte Ballettchef Sergei Djagilew hatte das Werk für seine Truppe „Ballets Russes“ bestellt. Deshalb hatte Ravel von Anfang an eine szenische Aufführung vor Augen, zu der er in der Partitur folgendes Bild entwarf: „Durch wirbelnde Wolken hindurch sind hier und da Walzer tanzende Paare erkennbar. Die Wolken verstreuen sich nach und nach und geben den Blick auf einen gewaltigen Saal frei, in dem sich eine Menschenmenge dreht. Allmählich wird die Bühne heller, bis im Fortissimo der volle Glanz der Kronleuchter erstrahlt. Ein Kaiserhof um das Jahr 1855.“ Nachdem die Komposition im April 1920 abgeschlossen war, brachten der Komponist und die Pianistin Marcelle Meyer dem Ballettchef die Fassung für zwei Klaviere zu Gehör, anwesend waren auch Igor Strawinsky und Francis Poulenc. Dieser erinnert sich: „Als Ravel geendet hatte, sagte ihm Djagilew: ‚Ravel, das ist ein Meisterwerk, aber das ist kein Ballett. Es ist das Gemälde eines Balletts.’ Strawinsky hingegen sagte zu meinem größten Erstaunen kein einziges Wort! Nichts! Es war für mein ganzes Leben eine Lektion in Bescheidenheit, dass Ravel ganz ruhig seine Noten nahm und hinausging, als ob nichts passiert wäre.“ Allerdings war Ravel von Djagilews Ablehnung und Strawinskys Schweigen sehr gekränkt und brach den Kontakt zu beiden über Jahre hinweg ab. „La Valse“ wurde zunächst konzertant uraufgeführt, erst 1929 realisierte Ida Rubinstein die Ballett-Premiere.
Zum Werk
„La Valse“ besteht aus einer ununterbrochenen Reihe von Walzern. Das Stück ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden alle Melodien vorgestellt, im zweiten Teil wird kein neues musikalisches Material eingeführt, sondern in einer Art freien Reprise beginnt sich über die eleganten Walzer der „fatale Wirbel“ zu legen. Einzelne Themen erleben grundsätzliche Charakterwandlungen. Neben vielen fesselnden Details in der Orchestrierung treten die Harfe sowie eine kurze Passage im Schlagwerk besonders hervor.
Die Streicherstimmen sind sehr dicht gesetzt, sie führen Glissandi über mehrere Takte, die Wechsel zwischen Tutti und verschiedenen Instrumentengruppen schaffen farbenreiche orchestrale Expansionsräume. Das Werk steuert auf einen Höhepunkt zu, der mit aufwallenden Akkordschüben und markant gesetzten Dreiklängen in den Trompeten, Violinen und Holzbläsern eingeleitet wird. Nach einem langen Orgelpunkt wird die Auflösung zur Tonika hin buchstäblich bis zur letzten Note aufgeschoben. Auf diese Weise entsteht eine imposant komponierte und orchestrierte Schlusspassage von atemberaubender Spannung. „La Valse“ wird von einigen Musikwissenschaft-
lern auch als apokalyptischer Totentanz verstanden, in dem Ravel seine Erfahrungen des Ersten Weltkrieges sowie den Schmerz über den Tod seiner Mutter verarbeitet hat. Vor allem die Coda mit den grellen Blechbläser-Glissandi und den Verschiebungen des Dreier-Metrums könnte als fratzenhaft verzerrter, mit politischen und gesellschaftskritischen Intentionen erfüllter Abgesang gedeutet werden.